
Die Frauen von Jharkhand
327.000 auf dem Weg in die Selbstbestimmung Mädchen und junge Frauen von 10 bis 19 Jahren machen im Bundesstaat Jharkhand etwa 21 % der Bevölkerung aus. Kinderehe ist weit verbreitet; fast 38 % aller Frauen heiraten vor dem gesetzlichen Mindestalter von 18 Jahren. Lediglich 68 % der Mädchen von 14 – 15 Jahren und 44 % von 16 – 17 Jahren besuchen die Schule. 65 % aller Frauen von 15 – 49 Jahren leiden an Anämie. Diese traurige Bilanz lässt sich beliebig fortsetzen … Schlechter Zugang zu hochwertiger Bildung, Beruf, grundlegender sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung und Unterstützung bei psychischen Problemen, mangelnder Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung spiegeln sich in wichtigen sozialen Entwicklungsindikatoren wie Gesundheit, Ernährung, Alphabetisierung, Bildungsstand, beruflicher Status und vielem mehr wider. Als Antwort darauf startete die Regierung von Jharkhand das „Tejaswini“- Projekt – „tejaswini” heißt übrigens: strahlend, hell – , ein groß angelegtes, umfassendes Projekt mit dem Ziel, den sozio-ökonomischen Status von Mädchen und jungen Frauen von 14 bis 24 Jahren in 17 ausgewählten Bezirken von Jharkhand zu verbessern, ein förderliches Umfeld in ihren Heimatgemeinden und Möglichkeiten zu einem Schulabschluss – zu abgeschlossener Berufsausbildung – zu schaffen. „Tejaswini“ geht dabei wie folgt vor: Junge Frauen und Mädchen organisieren sich zu „Tejaswini-Klubs“, treffen einander regelmäßig zu Aktivitäten, Beratung, Erfahrungsaustausch; sie erhalten Anleitung in Lebenskompetenzen, Bildung und Unterstützung bei der Bewältigung ihres Lebensunterhalts. Sie lernen, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. In diesem Projekt ist HPPI Implementierungspartner der Regierung; mit einem Großaufgebot an Fachleuten gingen unsere KollegInnen 2020 daran, das „Tejaswini”-Projekt in den Projektzonen 2 und 4 – d.s. 6 Distrikte, 5.106 Dörfer – umzusetzen. Das Team besteht 2021 aus insgesamt 3.048 Personen, darunter jeweils 2 TeamleiterInnen, Fachleute für Gemeindeinterventionen, für Schulung und Kapazitätsaufbau, für Evaluierung und Monitoring, ferner jeweils 6 ProgrammmanagerInnen auf Bezirksebene für „Jugend- und Ausbildungsentwicklung“ sowie 2.349 Jugend-Klub-LeiterInnen … u.v.a.m.Und das war neu 2021 2021 erreichte das Projekt 327.246 Mädchen und junge Frauen mit marktorientiertem Kompetenztraining. Zwei wichtige Aktivitäten in diesem Bereich wurden gestartet: der Brückenbildungskurs und die Ausbildung in beruflichen und unternehmerischen Fähigkeiten.
Der Brückenbildungskurs:
Das Projekt identifizierte 10.609 TeilnehmerInnen für den Brückenbildungskurs. Es wurde eine Liste jener jungen Frauen erstellt, die ihre Sekundarschulausbildung nicht abgeschlossen bzw. abgebrochen haben, und ihr Wissensstand in Sprache, Mathematik und Umweltkunde getestet, um ihren Nachholbedarf festzustellen. Schließlich wurden 6.868 Personen in den Kurs aufgenommen. Die Bildungsdienstleister, die „Bridge Education“ anbieten, wurden von der Regierung ernannt und identifizierten mit Jahresende den Standort für die Schulungszentren. Der Kurs soll in wenigen Monaten beginnen;1 die TeilnehmerInnen werden nach dem Abschluss in das Regelbildungssystem übernommen.
Schulung in Beruf und Unternehmertum: Dieser Kurs ist für jene „Tejaswini“-Frauen gedacht, die
■ Mitglied in einem „Tejaswini”-Klub sind,
■ alle 4 Module des Trainings in Lebenskompetenzen absolviert haben,
■ in Jharkhand ansässig sind,
■ seit über einem Jahr keine Schule mehr besucht haben und
■ schließlich das Interesse mitbringen, eine berufliche bzw. unternehmerische Karriere zu starten.
Insgesamt 43.458 Frauen wurden identifiziert, die von den von der Landesregierung berufenen Berufsbildungsträgern ausgebildet werden. Das Projekt führte Veranstaltungen durch, um über das lokale Berufsangebot zu informieren: Im Angebot sind zur Zeit Assistentin im öffentlichen Dienst, Lageristin, Callcenter-Kundenbetreuerin, Cafeteria-Leiterin, ferner Köchin, Landwirtin und Lebensmittelverarbeiterin sowie Tourismuskauffrau
und Gastronomin. Auch diese Interessentinnen wurden einem Wissenstest unterzogen; schließlich wurden 34.253 Mädchen und Frauen ausgewählt und konnten eine Prioritätenliste betreffend ihre Berufswahl abgeben. Die Kurse werden demnächst starten. „Tejaswini“-Damenbinden-Bank: In den meisten „Tejaswini“-Klubs – 3.788 – wurde eine Damenbinden-Bank eingerichtet, die es den Frauen ermöglichen sollen, „ihre Tage“ angenehmer, aber vor allem hygienischer und damit gesundheitsfreundlicher zu überstehen. Die Binden wurden auf Klub-Kosten angeschafft, die Mitglieder können sie bei Bedarf bei der Bank beheben und nach Gebrauch wieder bei der Bank abgeben, sodass diese kontinuierlich funktionieren kann. „Tejaswini“-Bibliothek: Klub-Mitglieder,
ihre Angehörigen und Bekannten, die Klubleiterinnen und andere ProjektmitarbeiterInnen haben Bücher für die neuen „Tejaswini“-Bibliotheken zur Verfügung gestellt. Hier können die Mädchen und Frauen Bücher entlehnen, die sie brauchen oder die sie ganz einfach interessieren. Als die Schulen während des COVID-19-Lockdowns geschlossen waren, konnten sie ihre Ausbildung in Eigeninitiative fortsetzen und ihre Lesegewohnheiten entwickeln. Insgesamt 3.288 „Tejaswini“-Bibliotheken wurden 2021 eingerichtet. „Tejaswini“-Lehrerinnengegen
COVID-19: Als die Schulen im Frühjahr wieder für 3 Monate geschlossen waren, ergriffen „Tejaswini“- Klubleiterinnen und Jugendbetreuerinnen die Initiative und nahmen den Unterricht der Dorfkinder in die eigene Hand. Insgesamt 12.577 Kinder wurden mobilisiert und besuchten insgesamt 2.208 neu eingerichtete „Tejaswini“-Schulen, unter strenger
Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, in Kleingruppen, versteht sich, nach dem Motto: „Jede/r Einzelne unterrichtet eine/n Andere/n“. Auch das zweite Jahr hat für unsere „Tejaswini“-Frauen einschneidende, lebensverändernde Erfahrungen gebracht. Sie haben Eigeninitiative entwickelt, sich eine gesunde Lebensweise angeeignet; sie sind selbstbewusster geworden, haben gelernt, ihre Bedürfnisse zu erkennen, zu artikulieren und durchzusetzen. Und sie haben gelernt, solidarisch einer strahlenden Zukunft entgegenzugehen.
/Aus dem Jahresbericht 2021 des Projekts an HUMANA Österreich/